Gründe für die Renovierung

a) 80.000 € ist eine große Summe – unbestritten. Jedoch ist der Betrag immer noch um ein vielfaches geringer, als die Kosten für einen Neubau der Orgel. Wenn das Instrument jetzt nicht saniert wird, ist es in einigen Jahren unspielbar. Der Neubau einer Orgel in dieser Größenordnung würde heute schätzungsweise rund 1.000.000 € kosten.

b) Der Klang unserer Orgel ist so, wie es in der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg gewünscht wurde. Heute hat man andere Vorstellungen. Darum wurden bereits viele Instrumente aus den 1950/1960er Jahren durch Neubauten ersetzt. Gerade Orgeln der Fa. Ernst Seifert aus Bergisch Gladbach sind seltener geworden. In einigen Jahren kann sich der Musikgeschmack verändert haben. Dann ist man froh, wenn es gute Instrumente aus allen Epochen des Orgelbaus gibt.

c) 11 Jahre wurde gebaut, bis 1862 die Kirche für den Gottesdienst genutzt werden konnte. Danach wurde weiter gearbeitet, verschönert und ausgestaltet. Die beiden Türme waren 1869 fertiggestellt. Erst 1885 begannen die Ausmalarbeiten. Als 1945 die Kirche schwer beschädigt wurden, startete die Anholter Bevölkerung den Wiederaufbau Ihres „Domes“. 1953 war die Kirche fertiggestellt. 1960 wurde die Orgel fertiggestellt – nur 7 Jahre später. Der Lebensstandard der Bevölkerung war Mitte des 19. Jahrhunderts und auch nach dem Zweiten Weltkrieg bei weitem nicht so hoch wie heute. Die Gemeinde war bedeutend kleiner als jetzt. Trotzdem haben viele Menschen aus allen Gesellschaftsschichten, auch aus den unteren, dazu beigetragen (finanziell und ideell), dass Kirche, Wiederaufbau, und unsere Orgel erst möglich werden konnten. Mit der Sanierung des Instrumentes sichern wir nicht nur das Erbe unserer Vorfahren vor dem Verfall, sondern wertschätzen darüber hinaus deren Leistung und Spendenbereitschaft.

d) Wir können über die Musik eine „Isselburg-Identität“ schaffen. Bedingt durch unsere Lage können wir als Pfarrei eine besondere Stellung in der Region Bocholt, Emmerich und den Niederlanden einnehmen. Die Instrumente in der Pfarrei sind sehr unterschiedlich: romantische Fleiter-Orgel aus 1886 in Werth, Breil-Orgel aus 1983 in Schüttenstein (mit original historischem Pfeifenbestand der Vorgängerorgel von Schwarz aus 1906). Rechnet man noch die Steinmann-Orgel der evangelischen Kirche Werth und die Nolting-Orgel aus 1832 der evangelischen Kirche Isselburg hinzu, ergibt sich ein musikalischer Schatz, den es nicht allerorten gibt. Die verschiedenen Kirchen erhalten damit einen gewissen musikalischen Wiedererkennungswert und haben ein Alleinstellungsmerkmal. Alle Instrumente sind anders und ergänzen sich. Abwechslungsreiche Konzert, über das gesamte Stadtgebiet verteilt, sind möglich. Die Orgel in Anholt nimmt unter den Instrumenten eine besondere Stellung ein, da sie die Größte in ganz Isselburg ist.

e) Eine Besonderheit der Anholter Orgel ist der Freipfeifenprospekt. Hierbei wird auf eine sichtbare Überdachung verzichtet. In einigen Fällen – so auch bei uns in Anholt – gibt es überhaupt kein Gehäuse. Das „Gehäuse“ ist das Kirchengewölbe. Die Pfeifen stehen völlig frei. Unterschiedliche Materialien (Pfeifen aus Zinn, Kupfer und Holz) sind dadurch sichtbar. Die Pfeifen mit ihren Verläufen sind selbst gestalterisches Ornament. Die Anholter Orgel ist die einzige Orgel im gesamten Dekanat mit einem Freipfeifenprospekt.

f) Seit 2017 sind Orgelmusik und Orgelbau durch die UNESCO als Immaterielles Kulturerbe anerkannt. Im Jahr 2021 nahm die Orgel den Platz des Instruments des Jahres ein. Die Orgel ist das erste Tasteninstrument, das zum Instrument des Jahres gekürt wurde. Wir sichern also wertvolles Kulturgut. Keine Orgel ist wie die andere. Jede ist ein Unikat und auf den jeweiligen Raum, für den sie konzipiert wurde, abgestimmt.